Integration der Flüchtlinge

Integration auf der Wacholderheide

Die Albverein-Ortsgruppe Gundelfingen zeigt mit einem Projekt, wie Integration von Flüchtlingen funktionieren kann. Durch Arbeit in der Landschaftspflege lernen sich Einheimische und Migranten kennen.

Am steilen Bürzel in Gundelfingen pflegen Flüchtlinge gemeinsam mit dem Pflegetrupp des Schwäbischen Albverein die Wacholderheiden.

Die Arbeit an dem steilen Hang der Wacholderheide Bürzel in Gundelfingen ist mühsam und erfordert einen sicheren Tritt. Und doch sind die Flüchtlinge, die seit mehreren Wochen regelmäßig hierher kommen und gemeinsam mit dem Pflegetrupp des Schwäbischen Albvereins für 1,05 Euro pro Stunde Landschaftpflege betreiben, bestens gelaunt. Für sie ist diese Tätigkeit eine Chance, neben dem Deutschunterricht in den Kursen die deutsche Sprache im Alltagsjargon kennen zu lernen. Darüber hinaus erhalten sie hier für einen späteren Einstieg ins Berufsleben Referenzen und entkommen der Eintönigkeit, der sie in ihrer Flüchtlingsunterkunft im Alten Lager ausgesetzt sind.
Im Oktober ging das Projekt der Ortsgruppe des Schwäbischen Albvereins Gundelfingen an den Start, 40 Flüchtlinge hatten sich im Vorfeld zur Mitarbeit bereit erklärt. Zum Einsatz gekommen sind 16 von ihnen, um bei der Freiräumung der Wacholderheiden auf den Gemarkungen Bichishausen, Gundelfingen und Dürrenstetten mitzuhelfen.
„Jeder Flüchtling darf 100 Stunden pro Monat arbeiten. Wir haben also die Erlaubnis beim Kreissozialamt eingeholt, auf eigene Kosten ein Fahrzeug beschafft und einen freiwilligen Fahrdienst eingerichtet, der die Asylbewerber morgens um 8 Uhr abholt und abends um 16.30 Uhr wieder zurückbringt“, erzählt Paul Jörg, Vorsitzender der Ortsgruppe Gundelfingen. Für seine Idee konnte er vereinsintern acht ehrenamtliche Helfer begeistern, die Fahrdienste übernehmen, Arbeitseinsätze koordinieren und Arbeitskleidung beschafft haben.
An Einsatzmöglichkeiten mangelt es nicht, schließlich pflegt der Schwäbische Albverein Gundelfingen seit vielen Jahren 18 Hektar Wacholderheiden mit zum Teil steilen Hanglagen im Lautertal, an denen viel Handarbeit erforderlich ist. Jährlich werden hierfür rund 400 Stunden ehrenamtlich aufgewendet, wobei drei Flächen mit rund acht Hektar in der Zwischenzeit mit Ziegen der Bevölkerung und vom Wanderschäfer beweidet werden. „Durch die Mitarbeit der Flüchtlinge konnten in diesem Jahr im Stadtgebiet rund 20 Hektar Wacholderheide vom Forst und vom Albverein gepflegt werden. Das hätten wir alleine nicht geschafft“, freut sich Jörg.
Die Ortsgruppe ist für die Ausstattung der Flüchtlinge mit entsprechender Kleidung und für die Beschaffung eines Kleinbusses mit rund 5000 Euro in Vorleistung gegangen, hat aber Aussicht auf einen Zuschuss von der unteren Naturschutzbehörde, die das Projekt im besten Fall mit 20 000 Euro mitfinanziert.
„Wir haben festgestellt, dass diese feste Tagesstruktur für die Flüchtlinge sehr wichtig ist, deshalb wollen wir auch im neuen Jahr Landschaftspflegeprojekte weiter voranbringen,“ meint Jörg und ist sich sicher, dass beide Seiten davon profitieren.
„Ich wünsche mir, dass es ein solches Gundelfingen im nächsten Jahr mehr als nur einmal gibt“, lobt Hansjörg Schönherr, Vizepräsident des Schwäbischen Albvereins Stuttgart. Die Ortsgruppe Gundelfingen sei die erste und einzige, die ein solches Projekt in diesem Umfang derart erfolgreich umgesetzt hätte. Er könne deshalb nur an andere Ortsgruppen appellieren, ebenfalls auf Flüchtlinge zuzugehen und den Kontakt zu Gunsten einer Mitarbeit zu suchen. „Gundelfingen ist das beste Beispiel dafür, dass es funktionieren kann.“
Förster Thomas Wenger bezeichnet den Albverein Gundelfingen als „einen Glücksfall“ für die Stadt Münsingen. Allein schon was jedes Jahr hier an ehrenamtlichen Pflegeleistungen erbracht würde, suche seines Gleichen vergeblich. Dennoch sei er äußerst positiv überrascht, welchen Umfang die Arbeit an den Wacholderheiden dank dem Einsatz von Flüchtlingen annehmen konnte. Wegen der großen Flächen, die jährlich gepflegt werden müssten, hätten sich in den letzten Jahren Rückstände gebildet, die nun abgearbeitet werden. Er kann sich durchaus vorstellen, dass Asylbewerber den Forst auch bei anderen Waldarbeiten tatkräftig unterstützen können. Für dieses Projekt wurde der Schwäbische Albverein Ortsgruppe Gundelfingen nun von den Stadtwerken Tübingen in der Kategorie „Natur, Umwelt und Klima schützen“ mit dem ersten Jurypreis ausgezeichnet.

MARIA BLOCHING